Eine außergewöhnliche Glaskunst-Ausstellung im Museo Correr Venedig verbindet neoklassische Tradition mit zeitgenössischer Skulptur
Kunst aus Glas trifft auf Canovas Erbe
Vom 23. Oktober 2025 bis zum 28. Februar 2026 präsentiert das Museo Correr in Venedig in den historischen Canovian Rooms eine faszinierende Begegnung zwischen zeitgenössischer Glaskunst und neoklassischer Tradition. Die amerikanische Künstlerin Karen LaMonte zeigt ihre neueste Werkserie „Nocturnes“ – eine beeindruckende Sammlung von Glasskulpturen, die durch ihre einzigartige Technik der Subtraktion und Transparenz besticht.
Kuratiert von Chiara Squarcina und Eraldo Mauro, bietet diese Ausstellung einen intimen Dialog zwischen LaMontes innovativer Glaskunst und dem künstlerischen Erbe Antonio Canovas, einem der bedeutendsten Bildhauer des Neoklassizismus.

Die Kunst der Subtraktion: Karen LaMontes einzigartige Technik
Karen LaMonte verfügt über die außergewöhnliche Fähigkeit, die Figur durch das Wegnehmen von Material zu erforschen. Mit beinahe wissenschaftlicher Präzision und großer Hingabe nimmt die Künstlerin ihre Analyse am Containerkleid auf. Sie folgt jeder einzelnen Falte mit der Hand und passt jedes Garn bis ins kleinste Detail an, wodurch der gesamte Entstehungsprozess zu einem Akt höchster Konzentration und Sorgfalt wird.
Was ihre Arbeiten so besonders macht, ist die paradoxe Präsenz der Abwesenheit: Statt den weiblichen Körper direkt darzustellen, schafft LaMonte dessen negative Form – ein fotografisches Negativ in Glas. Die Kleidung wird zum Container, zur Hülle einer Figur, die nicht mehr da ist, deren Präsenz jedoch durch jede Falte, jede Kontur spürbar bleibt.
Es ist die Beschwörung einer weiblichen Welt, die uns die Künstlerin vor Augen führt. Die Glasverschmelzung kristallisiert diesen kreativen Prozess heraus, um ihn in einer Transparenz zu liefern, die nun in der Zeit schwebend erscheint, reich an unbeweglichen Suggestionen und durchzogen von fernen Echos.
Nocturnes: Eine Reise durch nächtliche Visionen
In der jüngsten Werkserie mit dem Titel „Nocturnes“ legt die Künstlerin die Messlatte noch einmal höher, indem sie uns auf eine Reise durch nächtliche Visionen führt. Die Skulpturen sind in eine Atmosphäre getaucht, die von verschiedenen Blautönen geprägt ist – chromatische Schleier, die den Übergang des Abends in die Nacht widerspiegeln. Ton in Ton.
Diese neue Serie markiert eine künstlerische Evolution: Die blauen Nuancen verleihen den Werken eine noch tiefere Dimension der Melancholie und des Mysteriösen. Wie in einem nächtlichen Traum scheinen die gläsernen Gewänder zu atmen, bewegt von einer unsichtbaren Brise, die zwischen den Falten hindurchdringt und deren Konturen neu zu modellieren scheint.

Canova und LaMonte: Zwei Visionen im Dialog
Das Werk der Künstlerin ist nicht ohne Bezug zur klassischen Kunst und zum Neoklassizismus Canovas. Die Wahl der Canovian Rooms als Ausstellungsort ist dabei alles andere als zufällig – sie ermöglicht einen faszinierenden Dialog zwischen zwei Epochen und Kunstverständnissen.
Doch während bei Canova exekutive Perfektion dazu dient, träge Materie zum Leben zu erwecken, dient bei Karen LaMonte dieselbe Perfektion stattdessen dazu, eine mögliche Form des Lebens heraufzubeschwören – um die Bedingungen zu schaffen, aus denen dieses Leben entstehen kann.
Es handelt sich um einen Vergleich zwischen zwei scheinbar ähnlichen Kunstvisionen, die aber in Wirklichkeit gegensätzlich sind und die sich in der Beziehung von Beschreibung und Deduktion zusammenfassen lassen. Ein Blick in den Spiegel.
Wo Canova den marmorne Körper in seiner vollen Präsenz zelebriert, arbeitet LaMonte mit der Absenz. In LaMontes Skulpturen ist es nicht der weibliche Körper in seiner blumigen Fülle, der die Szene dominiert, sondern, wie bei einem fotografischen Negativ, seine Abwesenheit.
Die Magie der Transparenz
Die Transparenz des in die Nacht getauchten Glases führt uns langsam über das Übliche, über das Scheinbare hinaus, bis zum langsamen Auftauchen des Unerwarteten. Auf der Oberfläche ihrer neuen Arbeiten weht leicht eine Nachtbrise, die zwischen den Falten hindurchdringt – ein Effekt, der durch LaMontes meisterhafte Beherrschung des Materials Glas erreicht wird.
Das Glas als Medium erlaubt es der Künstlerin, mit Licht, Schatten und Durchsichtigkeit zu spielen. Je nach Tageszeit und Lichteinfall verändern sich die Skulpturen, offenbaren neue Details, neue Perspektiven – sie leben in ihrer scheinbaren Stille.

Auf den Punkt gebracht
Karen LaMontes „Nocturnes“ bietet ein außergewöhnliches Kunsterlebnis, das zeitgenössische Glaskunst mit kunsthistorischer Tradition verbindet.
Die poetische Kraft von LaMontes Arbeit, kombiniert mit der historischen Atmosphäre der Canovian Rooms, schafft ein einzigartiges Ausstellungserlebnis, das noch lange nachhallt.
Praktische Informationen
Ausstellung: Karen LaMonte – Nocturnes
Laufzeit: 23. Oktober 2025 – 28. Februar 2026
Ort: Museo Correr, Venedig – Erste Etage, Canovian Rooms
Kuratorinnen: Chiara Squarcina, Eraldo Mauro Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des Museums Correr
