Koyo Kouoh, renommierte Kuratorin und designierte Leiterin der 60. Kunstbiennale von Venedig im Jahr 2026, ist im Alter von 58 Jahren am 10. Mai 2025 verstorben. Ihre Ernennung im Dezember 2023 war ein historischer Moment: Als erste afrikanische Kuratorin sollte sie die künstlerische Leitung der Biennale Arte übernehmen – ein bedeutendes Signal für mehr Diversität und globale Perspektiven im Kunstbetrieb.
Mit ihrer Arbeit prägte sie die internationale Kunstlandschaft über zwei Jahrzehnte hinweg – kritisch, reflektiert und mit unverwechselbarer Klarheit.
Die Kunstwelt verliert mit ihr eine herausragende Persönlichkeit, die Grenzen verschoben, Dialoge eröffnet und die Rolle kuratorischer Praxis politisch neu verortet hat.

Ihr Vermächtnis lebt weiter: Die Biennale von Venedig ehrt Koyo Kouoh mit der Fortführung ihrer visionären Ausstellung
Mit großer Unterstützung und im Einvernehmen mit der Familie von Koyo Kouoh hat die Biennale di Venezia entschieden, ihre Ausstellung wie ursprünglich geplant zu realisieren. Die Kuratorin, deren außergewöhnliche Kreativität und Leidenschaft das Projekt maßgeblich prägten, wird durch diese Entscheidung posthum gewürdigt. Die Biennale setzt es sich zum Ziel, Koyo Kouohs visionäre Ideen, ihre künstlerische Handschrift und die von ihr initiierten Diskurse nicht nur zu bewahren, sondern auch einem breiten internationalen Publikum zugänglich zu machen. Damit wird ihr einzigartiges Engagement für die zeitgenössische Kunst weitergetragen und ihr Vermächtnis nachhaltig gefestigt.

„In Minor Keys“ – „In Moll-Tonarten“
„In Minor Keys“ ist der Titel, den Koyo Kouoh für die 61. Internationale Kunstausstellung gewählt hat. Sie lädt ein, die leisen, oft überhörten Töne unserer Zeit zu entdecken – die „Moll-Tonarten“ des Lebens, die Melancholie, Hoffnung und Schönheit inmitten von Krisen und Chaos verbinden. Die Ausstellung der 61. Biennale Arte zeigt künstlerische Werke, die wie eine Jazz-Improvisation vielfältige Stimmungen, Gefühle und Welten miteinander verweben. Sie schafft Räume, in denen Kunst als kraftvolle Quelle emotionaler und sozialer Verbindung wirkt.
Im Zentrum stehen KünstlerInnen, die mit ihren Arbeiten neue Beziehungen und Perspektiven eröffnen, jenseits von Beschleunigung und Konsum. Sie laden BesucherInnen ein, innezuhalten, zu lauschen und in sinnliche, meditative Erfahrungen einzutauchen, die Trost, Freude und Hoffnung spenden. Die Ausstellung betont die Bedeutung von Gemeinschaft, Nachhaltigkeit und Respekt für das Leben in all seinen Facetten – als Gegenentwurf zu den zerstörerischen Kräften der Gegenwart.
„Es gibt schließlich einen Grund dafür, dass manche Menschen den Mond kolonisieren wollen und andere vor ihm wie vor einem alten Freund tanzen.“
James Baldwin, 1972
Die 61. Ausgabe der Biennale di Venezia wird in enger Zusammenarbeit mit den von Koyo Kouoh ausgewählten und direkt involvierten ExpertInnen realisiert. Zum Team gehören die BeraterInnen: Gabe Beckhurst Feijoo, Marie Helene Pereira und Rasha Salti sowie der Chefredakteur Siddhartha Mitter und sein Assistent Rory Tsapayi.
Alle wichtigen Details des Projekts – darunter die Liste der eingeladenen KünstlerInnen für die internationale Ausstellung, die grafische Gestaltung, das Ausstellungskonzept sowie die teilnehmenden Länder der 61. Biennale – werden bei der offiziellen Präsentation am Mittwoch, den 25. Februar 2026, in Venedig vorgestellt.
Eine Kuratorin mit globaler Perspektive
Koyo Kouoh, geboren in Kamerun und geprägt von ihrer Schweizer Ausbildung, galt als eine der einflussreichsten Kuratorinnen der Gegenwart. Sie war seit 2019 Direktorin und Chefkuratorin des Zeitz Museum of Contemporary Art Africa (Zeitz MOCAA) in Kapstadt. Mit ihrer Arbeit hat sie die afrikanische Kunstszene nachhaltig geprägt und in den globalen Diskurs eingebracht. Zuvor war sie Gründerin und Künstlerische Leiterin der RAW Material Company in Dakar, einem Zentrum für Kunst und Gesellschaft.

Die Vielseitigkeit ihrer kuratorischen Handschrift zeigte sich in der beeindruckenden Bandbreite ihrer Projekte: Von der Mitarbeit an der documenta 12 (2007) und documenta 13 (2012) führte ihr Weg zu international gefeierten Ausstellungen. In Brüssel erregte sie 2015 mit „Body Talk: Feminism, Sexuality and the Body“ Aufsehen, als sie sechs afrikanische Künstlerinnen in den Fokus rückte. Die EVA International in Irland wurde 2016 zur Bühne für ihr kraftvolles Statement zur postkolonialen Realität in „Still (the) Barbarians“. Mit „Dig Where You Stand“ bei der Carnegie International 2018 in Pittsburgh gelang ihr schließlich eine faszinierende Neuinterpretation historischer Narrative und Objekte.
Eine beeindruckende Karriere
Koyo Kouohs kuratorisches Werk ist von einer beeindruckenden Tiefe und intellektuellen Reichweite geprägt. Zu ihren zentralen Anliegen gehörte es, die Geschichten und Perspektiven von KünstlerInnen afrikanischer und afrikanischstämmiger Herkunft in den Mittelpunkt zu rücken. Dies zeigte sich nicht nur in ihren Ausstellungen, sondern auch in ihren Publikationen, wie etwa:
- „When We See Us: A Century of Black Figuration in Painting“ (2022): Begleitband zu ihrer gleichnamigen Ausstellung im Zeitz MOCAA.
- „Condition Report on Art History in Africa“ (2020): Ein Standardwerk zur afrikanischen Kunstgeschichte.
- „Shooting Down Babylon“ (2022): Die erste Monographie zur südafrikanischen Künstlerin Tracey Rose.
Mit Koyo Kouoh verliert die internationale Kunstszene eine bedeutende Stimme und prägende Kraft.